Presse - Via Cenni in Mailand
25.03.2013 proHolz Austria

Dachgleiche für den bislang größten verdichteten Wohnbau aus Holz in Europa

In der Via Cenni in Mailand steht ein Wohnbaukomplex aus vier neungeschossigen Holzhäusern kurz vor der Fertigstellung. Das Projekt markiert einen weiteren Höhepunkt in einer Reihe von mehrgeschossigen Holzbauten in europäischen Metropolen, die mit Knowhow und Produkten aus Österreich entstehen.

Der soziale Wohnbau in der Via Cenni in Mailand stellt ein in seiner Dimension bislang einzigartiges Projekt dar. In vier neungeschossigen Gebäuden mit je 27 Meter Höhe, die durch zweigeschossige Bauten miteinander verbunden sind, werden 124 Wohnungen untergebracht. Gebaut wird in Holz-Massivbauweise mit großflächigen Brettsperrholzelementen – also in jener Technologie, die den Schlüssel für den Einsatz von Holz in mehrgeschossigen Gebäuden bildet und zu dessen Entwicklung Österreich federführend beigetragen hat. So kommt es auch, dass die benötigte Menge von 6.100 m³ Brettsperrholz (XLAM) „made in Austria“ ist und auch begleitende Beratung zum Holzbau aus Österreich mitgeliefert wurde.

Bei diesem innovativen Projekt bestehen auch die Treppen- und Liftkörper aus Brettsperrholz-Platten. Sie ermöglichen die Ausführung eines Kastentragwerks, das aus den Wänden und Decken des Gebäudes gebildet wird. Im Juli 2012 wurde mit den Bauarbeiten für den Holzbau begonnen. Jetzt – nur knapp 8 Monate später – ist die Dachgleiche der vier Holztürme erreicht, noch in diesem Jahr sollen die Bewohner einziehen. Die rasche Bauzeit war eines der Argumente, die für die Errichtung in Holz sprachen. Zudem konnten Vorteile wie der Einsatz eines nachwachsenden Rohstoffs, gutes Isolationsverhalten und Erdbebensicherheit überzeugen. Nicht zuletzt wurde auch der vorgegebene Kostenrahmen eingehalten – die Holzbauweise hat sich als nicht teurer als alternative Bauweisen erwiesen und es konnte einem der entscheidenden Kriterien bei dem Projekt, nämlich leistbaren Wohnraum zu schaffen, entsprochen werden.

Als Pilotprojekt stellte die Errichtung des bislang größten verdichteten Wohnbaus aus Holz in Europa eine spezielle Herausforderung für den Auftraggeber sowie die ausführenden Firmen und Ingenieure, die sich gemeinsam dieser Aufgabe stellten, dar. Die Umsetzung erfolgte im Rahmen des Immobilienfonds „Fondo Federale die Lombardia“. In einem Private-Public-Partnership-Modell sind Banken, Unternehmen und die Region beteiligt. Die Abwicklung vor Ort leistete ein Konsortium aus Generalunternehmer und Holzbaufirma. Mit den aus Österreich gelieferten Produkten setzte sich eine Art der grenzüberschreitenden Kooperation fort, die ihren Beginn im Wesentlichen beim Wiederaufbau nach dem Erdbeben im italienischen L’Aquila im Jahr 2009 genommen hatte.

Holz erobert neue Höhen – Entwicklung mehrgeschossiger Wohnbauten aus Holz in Europa Nach dem Erdbeben in L’Aquila sind unter federführender Beteiligung österreichischer Betriebe in Italien erstmals in größerem Stil mehrgeschossige Wohnbauten (rund 1.000 Wohneinheiten) aus Holz entstanden. Ausgehend von dieser Initialzündung wurden Einzelprojekte mit vier bis sechs Geschossen vor allem in Südtirol, in Venetien und in der Lombardei umgesetzt. Eine Vorreiterrolle im mehrgeschossigen Holzbau nimmt die Schweiz ein. Auch dort wurden Holzbauten lange Zeit nur bewilligt, wenn sie nicht mehr als zwei Geschosse aufwiesen, und waren dadurch weitgehend auf den Maßstab des Einfamilienhauses beschränkt. Dies änderte sich 2005 mit dem Inkrafttreten neuer Brandschutzvorschriften, wodurch Holzgebäude bis sechs Geschosse möglich wurden. Seither sind mehr als 1.500 mehrgeschossige Objekte in der Schweiz entstanden,insbesondere eröffnete sich das Marktsegment urbaner Wohnsiedlungen für den Holzbau. Ein regelrechtes Labor für das Bauen von morgen, in dem die Qualitäten des nachwachsenden Baustoffs Holz voll ausgespielt werden, ist die Stadt Zürich. Hier verlangt die im Jahr 2008 erfolgte Verankerung der 2.000-Watt-Gesellschaft in der Gemeindeordnung eine Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden, was dem Einsatz von Holz weiteren Antrieb verschafft.

In Wien konnte mit dem vor kurzem fertiggestellten Bau in der Wagramer Straße ein erstes siebenstöckiges Wohngebäude aus Holz errichtet werden. Grundlage dafür war die Techniknovelle von 2007, mit der der Einsatz von Holz auch in der Gebäudeklasse 5, d.h. bei bis zu maximal sieben Geschossen, ermöglicht wurde. Allerdings sind ab dem fünften Stockwerk hohe Brandschutzauflagen zu erfüllen. Im Fall der Wagramer Straße wurden daher eigene Bauteilaufbauten entwickelt, die schließlich im Brandversuch den Anforderungen entsprachen.

Anders als in der Schweiz und in Österreich gibt es in Großbritannien keine Höhenbegrenzungen – egal mit welchem Material gebaut wird. Und hier zeigt sich dann auch, dass die Entwicklung eindeutig nach oben geht. 2009 wurde in London das Stadthaus Murray Grove mit acht Stockwerken aus Holz realisiert. 2011 ist mit dem Bridport House ein weiterer Achtgeschosser in der britischen Metropole fertiggestellt worden. Dieses Leuchtturmprojekt ist der erste mehrgeschossige Holzbau in Großbritannien, bei dem auch das Erdgeschoss in Holz ausgeführt wurde – im Gegensatz zu Murray Grove, das neun Stockwerke hoch ist, dessen Erdgeschoss jedoch in Beton gefertigt wurde. Bridport House, das einen Wohnblock aus den 50er Jahren ersetzt, war mit einer besonderen Situation konfrontiert. Einer der größten Abwasserkanäle Londons verläuft diagonal unter dem Baugrund, womit der Einsatz eines schweren Baumaterials ausgeschlossen war. Obwohl das neue Holzgebäude nun fast doppelt so hoch ist wie der Ursprungsbau, ist es nur um zehn Prozent schwerer. Sowohl Murray Grove als auch Bridport House sind Wohnbauten in Holz-Massivbauweise mit Brettsperrholz, in beiden Fällen wurden – wie beim Projekt Via Cenni – die Produkte und Holzbau-Knowhow von österreichischen Herstellern beigesteuert.

Ausblick Italien – Rahmenbedingungen und wirtschaftliche Situation Was die erlaubten Bauhöhen anbelangt ist die Situation in Italien inzwischen vergleichbar mit der in Großbritannien. Waren zum Zeitpunkt der Projektierung des Wohnbaus Via Cenni Bauten mit Holz noch auf insgesamt vier Geschosse limitiert und mussten für das Megaprojekt noch Sondergenehmigungen der obersten Baubehörde Italiens eingeholt werden, ist 2011 unter Mario Monti diese Höhenbeschränkung für Holzbauten aufgehoben worden. In punkto Brandschutz galten für das Projekt Via Cenni keine Sonderbestimmungen, sondern die Standardauflagen für Bauten dieser Größenordnung.

Gebremst wird der Höhenflug des Holzbaus in Italien jedoch durch die wirtschaftliche Situation. Die Rezession in Italien betrifft massiv auch den Bausektor. Dieser ist insbesondere von mangelnder Liquidität geprägt. Entsprechende Einbrüche am Bau bekommt auch die österreichische Holzwirtschaft empfindlich zu spüren. Wurden vor der Banken- und Wirtschaftskrise 2008 noch Mengen von bis zu 4,7 Mio. m³ Nadelschnittholz in den Hauptabsatzmarkt Italien geliefert, hat sich die Menge 2012 auf rund 2,7 Mio. m³ reduziert. Allein von 2011 auf 2012 betrug der Rückgang minus 18 Prozent. Besser sieht die Entwicklung bei verleimten Produkten für den Holzbau (Brettschicht- und Brettsperrholz) aus. Hier konnte 2012 eine weitere Steigerung der Exportmengen aus Österreich nach Italien verbucht werden, obwohl die Gesamtimportmengen Italiens rückläufig waren. In Zukunft nicht ausbleiben wird in Italien trotz aller Finanzschwierigkeiten der Bedarf an leistbarem Wohnraum. Impulse, um solchen unter Berücksichtigung ökologischer Bautechnologien zu schaffen, sind vorhanden, was wiederum auf Potentiale für Holzbauprojekte im sozialen Wohnbau – wie am Beispiel Via Cenni pilothaft erprobt – hoffen lässt.

Ein Absatzbringer für österreichische Holzbauprodukte könnte auch die Expo 2015 in Mailand werden.
Es wurde bereits Interesse an einer Bauweise mit vorgefertigten Holzmodulen zur Errichtung der
benötigten Infrastruktur gezeigt.


www.cennidicambiamento.it
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